Mittwoch, Dezember 06, 2006

Nikolaus!

Sonntag, Dezember 03, 2006

High Tech - brennende Züge - Housemusik

Alles wie immer möchte ich denken, wenn ich über die letzten Wochen nachdenke. Wenn ich kurz überlege stimmt das auch und andererseits wieder nicht, denn was heisst schon wie immer...
Diese Woche waren wir von Sangam aus in einem kleinen Dorf etwa eine Stunde von Pune entfernt, um eine Schule zu besuchen und dort die Jugendarbeit der Pfadfinder zu stärken. Wie in einer anderen Welt war es wieder einmal aus der Stadt heraus zu fahren: kaum Verkehr, die Natur wüstenhaft, keine Hochhäuser, relative Stille. Und was steht da am Rande des Dorfes: ein Schulneubau mit einem brandneuen Computerlab in einem eigenen Gebäude. 25 Computer in einem Fertighaus - alles, nicht nur die Computer, sondern auch die Stühle, Wände, das Dach sowie die Gerätschaften für den Aufbau waren komplett aus Amerika per Container nach Indien verschifft worden.
Ob die Sinnsprüche über dem Lehrerzimmer wohl auch gesponstert wurden?

Ein Projekt von UPS, zusätzlich gesponstert von der EU. Ich muss sagen, dass ich etwas sprachlos war und mir meine Bemerkungen verkneifen musste, nach dem Motto "einem geschenkten Gaul..." Die Auskunft, dass es dort keine Power-Fluctures gebe und dann der Strom zweimal in einer Stunde unterbrochen wurde, machte es nicht gerade besser. Warum nun tatsächlich gerade hier im scheinbaren Nirgendwo Computerlabs gesponsort werden? Die Nähe zu Pune machte die Gegend zu einem attraktiven Ziel für internationale Firmen, die sich verstärkt hier niederlassen. So ist dies also eine Investition in die Ausbildung zukünftiger Angestellter - über das Wie kann man da natürlich diskutieren.
Weiter ins Dorf sind wir spaziert und haben dort eine ebenfalls neue Grundschule mit wiederrum noch glänzendem Computerlab besichtigt (die Aufgabe der Schüler war gerade: How to write an application for a sick leave ;-). Ich muss sagen, dass wir dann doch etwas neidisch auf die Ausstattung waren.Nach den Schulbesuchen wurden wir durchs Dorf geführt, wurden in die traditionellen Dorfhäuser geladen, die aus Kuhdung gefertigt sind, das war dann tatsächlich sehr schön. Die Idylle des Dorflebens wurde von einigen in unserer Gruppe jedoch für meinen Geschmack etwas zu sehr gepriesen. So hübsch es scheint und so viel angenehmer, wenn man aus der lauten und dreckigen Großstadt kommt - das Baby in einem der Häuser, das ich auf 2 Monate geschätzt hätte und das doch ein Jahr alt war, der Plastikmüll auch hier auf der Strasse, die Artikel über die 3000 Selbstmorde von Bauern in unserem Bundesstaat im vergangenen Jahr aufgrund der schlechten Lage - ich war ziemlich wütend über diese Verklärung und musste nach ein paar Sätzen schnell weiter gehen, um nicht zu böse zu antworten.










Ansonsten wurde diese Woche eine Statue von Dr. Ambedkhar enthauptet, was zu Unruhen hier in unserem Bundesstaat geführt hat. Dr. Ambedkhar war der erste Justizminister Indiens, ein ehemals „Unberührbarer“. Er gründete Indiens Neo-Buddhismus, zu dem viele der Dalits, wie die Unberührbaren heute genannt werden, konvertierten, um dem Kastenwesen zu entfliehen. Wer die Statue entweiht hat, ist den Medien nicht zu entnehmen, aber es sind die erzürnten Dalits, die Autos, Busse und Züge in Brand gesetzt haben und so ihrer Frustration Luft machten. Indien boomt, aber leider eben nicht für alle und da ist die Entweihung einer Statue willkommener Anlass für Protest.
So waren die Geschäfte geschlossen, in einigen Stadtteilen gab es Ausgangssperre und wir waren unter einen inoffiziellen Hausarrest gestellt. Die Aktionen, die zum gestrigen Weltaidstag geplant waren und an denen wir uns mit einer unserer Partnerorganisationen DISHA beteiligen wollten, sind so erst aus Sicherheitsgründen ausgefallen, obwohl gestern wieder alles ruhig war. Nächste oder übernächste Woche soll das aber nachgeholt werden und wir können jetzt wenigsten noch darüber nachdenken, wie unser Auftritt denn aussehen soll...

Als Abschluss der Woche dann noch zusammen mit Kolleginnen und Bekannten in die House-Disco Area 51, UFO-Architektur, kürzeste Miniröcke und abseitige Anmachsprüche inklusive („Germany – that’s German isn’t it“ sagt einer und hält mir freudig seine Hakenkreuzkette hin, während sich andere eher auf klassisches Gepose verlassen: „I’m a car designer for Ferrari, you know“).

Alles wie immer also und irgendwie auch nicht.